Noch einmal um die ganze Welt

Was geschieht mit den unzähligen Erinnerungen an die früheren Reisen rund um den Globus?

Eine passionierte Globetrotterin hatte vor ihrem Umzug eine besondere Idee.

Meine Kundin Frau M. wohnte seit über 40 Jahren in einer hübschen 4-Zimmer Wohnung in einer Kleinstadt Bayerns. Mittlerweile war sie bereits über 80, als sie die Mitteilung erhielt, dass die Wohnungsbaugesellschaft die Häuserblöcke in ihrer Straße sanieren wird. Eine Übergangswohnung wollte sie nicht mehr beziehen und so kam es ihr gut gelegen, dass sie vom bevorzugten Seniorenwohnstift ein passendes Apartment angeboten bekam. Sie hatte sich dort schon lange vormerken lassen.

Bis zum Einzug waren es nur noch knapp drei Monate. Möbel, Kleidung und persönliche Dokumente reduzierte sie in der darauffolgenden Zeit ohne Schwierigkeiten. Bei einem unserer Treffen zeigte sie mir jedoch eine ganze Kommode voller Dias mit Aufnahmen ihrer zahlreichen Reisen rund um den Globus. Sie arbeitete für einen großen Konzern und war häufig international unterwegs.

In ihrem neuen Zuhause war für diese Sammlung kein Platz. Eine Digitalisierung der Bilder kam für sie nicht in Frage, da sie keinen Computer besaß. Verwandtschaft gab es keine mehr und so war sich Frau M. unschlüssig, was sie damit anfangen sollte.

„Das Aussortieren des Unwesentlichen ist der Kern aller Lebensweisheit.“

Laotse

Bei unserem nächsten Termin hatte sie für sich jedoch eine befriedigende Lösung gefunden: Noch einmal wollte sie sich vor Ihrem Umzug die schönsten Bilder im Beisein von einigen Freunden und Nachbarn ansehen. Anschließend sollten die Aufnahmen dann endgültig entsorgt werden.

Gesagt, getan.

Nur wenig später erhielt auch ich die Einladung zu einer Bilderreihe „Noch einmal um die ganze Welt“. Frau M. hatte an diesem Nachmittag nicht nur eine unterhaltsame Diavorführung zusammengestellt, sondern auch kleine Häppchen mit einem Bezug zu manchen der bereisten Ländern vorbereitet. Es waren sehr lebhafte Stunden mit interessanten Anekdoten über ihre vielen Reisen. Beim Abschied konnte sich jeder Gast noch ein Reisesouvenir zur Erinnerung an Frau M. aussuchen. Auch diese hätten keinen Platz im neuen Apartment gefunden.

Wie mir Frau M. später bestätigte, war dieser Nachmittag für sie eine wundervolle Würdigung ihrer Diasammlung gewesen. Die gemeinsam verbrachten Stunden mit ihr wichtigen Menschen waren zudem ein emotionaler Abschied von ihrer langjährigen Wohnung.

„In neunundneunzig Fällen von hundert lohnt es sich nicht, ein Ding aufzubewahren. Es nimmt nur Raum fort, belastet dich; hast du schon gemerkt, dass du nicht die Sachen besitzt, sondern dass sie dich besitzen?“

Kurt Tucholsky

Vielen meiner Kunden geht es wie Frau M.: die meisten haben Regale voll mit Bilderalben oder Kartons mit teils unsortierten Photos. Hand auf`s Herz: wie oft nehmen Sie die Alben tatsächlich noch in die Hand? Das gleiche gilt für Erinnerungstücke aus Ihrer Vergangenheit: Briefe, Andenken, alte Notizbücher und ähnliches.

Setzen Sie sich eine Grenze, wieviele Alben oder Kartons voller Andenken Sie behalten wollen. Entscheiden Sie dies im Voraus und wählen dann nur soviel von Ihren Lieblingsstücken aus, wie in den Kartons Platz ist. Nicht mehr.

Hilfreich bei der Entscheidung kann die Frage sein:

Hat dieses Photo/dieser Gegenstand noch eine Bedeutung für Sie in Ihrer jetzigen Lebensphase?

Wenn Sie diese Frage mit einem klaren Ja beantworten können, dann erfreuen Sie sich an ihm, anstelle ihn wieder wegzuräumen. Geben Sie ihm einen schönen Platz in Ihrer Wohnung oder verwenden sie ihn regelmäßig.

So ein besonders erstelltes Album oder eine Erinnerungskiste nehmen Sie anschließend bestimmt häufiger in die Hand. Auch Ihre Familie freut sich später darüber mehr als über ein Dutzend staubiger Kartons oder Alben.

Wenn Sie sich nicht mehr an die Namen der Personen auf manchen Photos erinnern, werden es Ihre Angehörigen erst recht nicht wissen. Solche Bilder könnten dann gleich aussortiert werden.

Verschwommene, unscharfe, nichtssagende und ungeliebte Bilder dürfen ebenfalls den Weg in die „Zu-Entsorgen-Kiste“ finden. Alte Photos mit historischen Wert können Sie vielleicht einem öffentlichen Archiv anbieten. Das betrifft z.B. Bilder, auf denen alte Straßenzüge, Häuser oder Stadtbilder zu sehen sind oder die Aufschluss über frühere Lebensbedingungen geben können.

Wer gerne mit dem Computer arbeitet, kann die schönsten Photos digitalisieren und so viel Platz sparen. Oft bieten Photogeschäfte diesen Service an, wenn Sie selbst keinen Scanner zur Verfügung haben.

Übrigens gehören Photos, Negative und Dias aufgrund der besonderen Beschichtung nicht in die Papiertonne, sondern in den Restmüll. Falls Sie noch nicht entwickelte Filme zu Hause haben, gehören diese auf den Wertstoffhof.

Lassen Sie sich für das Aussortieren von Photos und anderen Erinnerungsstücken jedoch ausreichend Zeit. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, Rückschau auf das eigene Leben zu halten. Eine Bilanz zu ziehen, wie dieses Leben Sie zu dem Menschen gemacht hat, der Sie heute sind.

Photos sind dabei wie Schlüssel zu den Türen Ihres Gedächtnis.

Indem Sie die für Sie wichtigsten Erinnerungsstücke in einem überschaubaren und geordneten Umfang aufheben, erweisen Sie ihnen die Wertschätzung, die sie verdient haben.

Eine Schatztruhe Ihres Lebens.

Denken Sie bitte bei dem Prozess des Aussortieren auch daran, dass Sie nicht unbedingt viele materiellen Dinge aufheben müssen, um die Erinnerung zu bewahren. Die besondere Beziehung zu diesem Gegenstand tragen Sie stets in Ihrem Herzen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Sortieren und Erinnern.

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